Beihilfe zum Suizid geht an Problemen vorbei

Beihilfe zum Suizid geht an Problemen vorbei

Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung bitten nur wenige Krebspatienten ihren Arzt um Suizidbeihilfe, heißt es in einer von der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie e.V. (DGHO) rechtzeitig vor der der 1. Lesung der Gesetzesentwürfe zur Suizidbeihilfe im Deutschen Bundestag am 3. Juli veröffentlichten Umfrage.

Dies kann die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) mit 5.000 in der Palliativversorgung tätigen Mitgliedern nur bestätigen: Die Anfrage nach ärztlicher Beihilfe zum Suizid ist auch aus ihrer Erfahrung ein sehr seltenes Phänomen. „Diese absoluten Einzelfälle rechtfertigen keine Änderung des Strafrechts.“, betont Prof. Dr. Lukas Radbruch, Präsident der DGP.

Hingegen kann eine schwere Erkrankung den Wunsch, „so nicht mehr leben zu wollen“, mit sich bringen und Patienten sollten offen über ihre Belastungen sprechen können, unterstreicht Radbruch, welcher wie zahlreiche seiner Kolleginnen und Kollegen mehr als 1.000 sterbende Patientinnen und Patienten pro Jahr begleitet. „Die palliativmedizinischen Möglichkeiten in Ruhe erklärt zu bekommen, als Familie mit einem sterbenden Angehörigen ein multiprofessionelles Team zur Seite zu haben und über alle Nöte, Ängste und Beschwerden frei sprechen zu können, trägt oft erheblich zur Entlastung bei und kann die individuelle Not deutlich lindern.“

Neben einer guten palliativmedizinischen Symptombehandlung, die bis zur palliativen Sedierung gehen kann, ist es rechtlich auch möglich, „das Sterben zuzulassen“, d.h. lebenserhaltende oder -verlängernde Maßnahmen zu unterlassen, zu begrenzen oder zu beenden, sofern dies dem Willen des Patienten entspricht, ergänzt Prof. Dr. Christoph Ostgathe, Vizepräsident der DGP: „Viele ärztliche Kollegen tun sich schwer, auf medizinisch machbare Therapiemaßnahmen, die das Leben verlängern könnten, zu verzichten oder diese zu beenden.“

Die Angst vor vermeintlichen, insbesondere rechtlichen, Konsequenzen führe nicht selten dazu, dass lebenserhaltende Maßnahmen wie die künstliche Flüssigkeitsgabe fortgeführt werden. Hier gilt es jedoch abzuwägen, ob der Sterbende davon profitiert oder ob die Maßnahme vielleicht sogar eine Belastung darstellen könne. Sollte der Patient das Unterlassen oder Abbrechen lebensverlängernder Therapien – bis zum Abschalten der Beatmung – einfordern, so kann ein Zuwiderhandeln als Körperverletzung gewertet werden. Für einige wenige Patienten stellt der freiwillige Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit eine Möglichkeit zur selbstbestimmten Lebensbeendigung dar.

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„Das Wissen um die Möglichkeiten der Palliativversorgung, der palliativen Sedierung und des Therapieverzichts im Rahmen von Aus-, Fort- und Weiterbildung breit zu etablieren, ist ein dringend notwendiger Schritt auf dem Weg zu einer besseren Aufklärung, Beratung und Versorgung von schwersterkrankten Menschen und ihren Angehörigen!“ erklärt Radbruch. Bislang haben etwa 10.000 von insgesamt 365.000 berufstätigen Ärztinnen und Ärzten eine palliativmedizinische Zusatzweiterbildung absolviert, 20.000 Pflegekräfte eine Palliative Care-Weiterbildung.

Nur in wenigen Fällen gelingt es nicht, mit dem leidenden Menschen gemeinsam tragfähige Perspektiven zu entwickeln. Dies sind Dilemma-Situationen für schwerkranke Patienten, die unter diesen Umständen möglicherweise den Suizid als letzten Ausweg in Erwägung ziehen, aber auch für Ärztinnen und Ärzte, die sich dem Patienten, ihrem Gewissen und ihrem Berufsethos verpflichtet fühlen. Die Beihilfe zum Suizid ist grundsätzlich keine ärztliche Aufgabe und berufsrechtlich im Sinne der Bundesärztekammer zu verbieten, d.h. auf Landesebene entsprechend zu vereinheitlichen, so die beiden erfahrenen Palliativmediziner. Ein grundsätzliches Verbot schließe jedoch in einem dieser sehr seltenen Einzelfälle, wenn ein Arzt seinen Patienten gut kennt, länger begleitet hat und sich in einer persönlichen Gewissensentscheidung für eine Suizidbeihilfe entscheidet, nicht aus, dass die Landesärztekammer von einer berufsrechtlichen Sanktionierung absehen kann.

Gründe für eine Bitte um Suizidbeihilfe sind meist nicht unerträgliche Schmerzen oder andere Symptome, viel häufiger haben die beiden Ärzte in den mehr als 20 Jahren ihrer Berufstätigkeit z.B. gehört „Ich kann doch meinen Angehörigen nicht zur Last fallen…“. Hier müsse vor einer Debatte um die Bereitschaft zum ärztlich assistierten Suizid die gesellschaftliche Diskussion um Grundwerte und solidarisches Miteinander geführt werden, unterstreicht auch DGP-Vizepräsidentin Maria Wasner, Professorin für Soziale Arbeit in Palliative Care in München.

(Report Anzeigenblatt)